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Geschichte wiederholt sich

Historische Forderung der ost­deutschen Umweltbewegung des Jahres 1989 zur Offenlegung aller Umweltinformationen bleibt weiterhin brandaktuell

 

Am 14. Juli 2021 lehnte das Oberverwaltungs­gericht Berlin-Brandenburg die Beschwerde des Grünen Liga Brandenburg e. V. und des NABU Landes­verband Brandenburg e. V. gegen einen Beschluss des Verwal­tungsgerichts Frankfurt (Oder) u.a. zur vorzeitigen Durchführung von Anlagentests auf der Baustelle des Tesla Gigafactory Gelände in Grünheide ab.

Gegenstand des Verfahrens war die vom Landesamt für Umwelt am 1. Juni 2021 erteilte und für sofort vollziehbar erklärte 15. Zulassung zur vorzeitigen Durchführung von Funktionstests in drei Betriebseinheiten.

 

Der Eilantrag der Umweltverbände stützte sich auf die fehlende positive Prognose des Gesamtvorhabens. Ein Sachverständigengutachten hatte nach Prüfung der Antragsunterlagen im Mai diesen Jahres die im Januar 2021 von den Klägern nachgewiesenen störfallrelevanten Mängel bescheinigt. Auch ist bis zum heutigen Tag nicht geklärt, ob die Tesla Gigafactory in den Betriebsbereich der unteren oder oberen Klasse einzustufen sei.

 

Zur Vereinbarkeit des beantragten Vorhabens mit den Anforderungen der Störfallverordnung (12. BImSchV) und dem Abstandsgebot des § 50 BImSchG waren zwei Gutachten des Büros Müller-BBM vom 5. Mai 2021 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Antragsunterlagen grundlegend überarbeitet werden müssten. Des Weiteren gehen die Gutachten davon aus, dass die Berechnungsgrundlagen für die Auswirkungen solcher Störfälle bei weitem unterschätzt wurden und damit ggf. auch der Schutz von Menschen in der Umgebung sowie geschützte Biotope betroffen sein könnten.

 

Nach Ansicht der Verbände ist der Nachweis von Maßnahmen zur Verhinderung von Auswirkungen möglicher Störfälle nicht erbracht. Auch die Einhaltung von angemessenen Sicherheitsabständen zu benachbarten Schutzobjekten ist bis dato strittig.

 

Weiterhin wurde zwei Tage nach Erteilung dieser 15. Zulassung ein neuer Antrag von Tesla eingereicht. Dieser beinhaltet zwei neue Betriebsbereiche: die Batterieproduktion und die Kunststofffertigung. Nach Hinweisen in den Verwaltungsakten lagen dem LfU schon am 28. Mai 2021, also 4 Tage vor Zulassung und 6 Tage vor Neubeantragung, Vorabversionen der neuen Antragsunterlagen vor. Das LfU hat trotz der mit der Neuauslage einhergehenden Erweiterung und dieser vielen unbeantworteten Fragen die Zulassung für den Testbetrieb von Anlagen und Aggregaten der Betriebseinheiten Gießerei, Lackiererei und Karosseriebau sowie den Einbau und die Nutzung von Tanks zu Spül- und Testzwecken erteilt.

 

Ein weiterer Kritikpunkt sind die immensen Schwärzungen der Antragsunterlagen. Die Notwendigkeit dieser Schwärzungen werden vom Antragsteller Tesla mit Verweis auf Geschäftsgeheimnisse begründet. Durch diese Schwärzungen von Angaben zu störfallrelevanten Anlagenteilen und verwendeten wassergefährdenden Stoffen schneidet man der betroffenen Öffentlichkeit und den Umweltverbänden eine vollumfängliche fundierte fachliche Prüfung der vorliegenden Unterlagen ab. Der zuständige 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin Brandenburg (OVG) hielt es nicht für erforderlich, die ungeschwärzten Unterlagen anzufordern.

 
 
 
 
 
 

Entgegen dieses Tenors heißt es auf Seite 15 des OVG Beschlusses: "Es erscheint zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch die Zulassung des vorzeitigen Beginns durch die damit im einzelnen zugelassenen Erprobungsmaßnahmen die satzungsmäßigen Belange der Antragsteller berühren könnte. Denn auch die zugelassenen Erprobungen verschiedener Anlagen und Aggregate sind unstreitig mit Emissionen verbunden. Da die Zulassung des vorzeitigen Beginns die vorgesehenen Erprobungen aber durch Vorgaben hinsichtlich Materialeinsatz und Dauer jeweils eng begrenzt und ihre Durchführung und Überwachung durch zahlreiche Nebenbestimmungen abgesichert hat, ist ohne nähere - hier fehlende - Geltendmachung einer solchen Wirkung nicht ersichtlich, dass und ggf. in welche Weise die durch diese Maßnahmen zu erwartenden Emissionen für sich genommen geeignet sein könnten, irgendwelche zu den satzungsmäßigen Zwecken der Antragstellerinnen gehörenden Natur- oder Umweltbelange nachteilig zu berühren."

 

Nach Auffassung des 11. Senats habe die Beschwerde keinen Erfolg, da der Eilantrag der Verbände unzulässig sei. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels eines Umweltverbandes setzt nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz u. a. voraus, dass der Verband geltend macht, "durch die Entscheidung" in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich - hier des Schutzes von Natur und Umwelt - berührt zu sein.

 

Wie das Gericht ohne Kenntnis der entscheidungserheblichen Inhalte der Unterlagen zu diesem Ergebnis kam, bleibt wahrscheinlich für immer ein Geheimnis.

 

Selbst die von der beklagten Behörde zum 22. Juli 2021 angekündigte Stellungnahme zur behördlichen Kontrolle der Tesla-Baustelle aufgrund des Hinweises der Umweltverbände, dass ohne Genehmigung illegale Tanks vom Antragsteller errichtet wurden, wurde vom Gericht nicht mehr berücksichtigt. Hier bleibt sich das Gericht treu und verzichtet, wie schon bei den geschwärzten Unterlagen, auf möglichen Erkenntnisgewinn bzgl. der Zulässigkeit dieses Eilverfahrens.

 

Hintergrund zum Verfahren

 

Außerdem finden Sie hier die Pressemitteilung der Verbände vom 16.06.2021.

 

Nachgang zum OVG-Beschluss