Am 19. November 2010 erhielt die Öffentlichkeit die erstaunliche Meldung, dass Bundesverkehrsminister Ramsauer den Ersatzneubau einer 190m langen Schleusenkammer für die Schleuse Kleinmachnow endgültig gestoppt hat. Dieser Stopp des gesamten Schleusenausbaus erfolgte ohne Vorankündigung und löste bei der Bürgerinitiative unbändige Freude aus, während er bei den Ausbaubefürwortern Bestürzung und Unverständnis hervorrief.
Die Bürgerinitiative begrüßt den Beschluss des Verkehrsministers, mit dem nun die nördliche Schleusenkammer lediglich saniert und dabei nicht mehr verlängert wird. Sie sieht sich in ihrem nun fast 20 Jahre währenden Widerstand und Einsatz bestätigt. Der Verzicht auf den verlängerten Ausbau ist dem wirtschaftlichen Verkehrsbedarf der Schleuse angemessen und stellt die ökologisch verträglichste Variante für die notwendige Sanierung dar.
Ursprünglich wurde die Planung der 190m-Riesenschleuse damit begründet, dass der Anstieg im Güterverkehr den Durchsatz von 10 Mill. Gütertonnen durch die Schleuse pro Jahr ermöglichen muss. Jedoch haben sich die zugrunde liegenden Prognosen als vollkommen überzogen herausgestellt. Aktuell beträgt die Auslastung der Schleuse mit ca. 1 Mill. Tonnen pro Jahr nur in etwa ein Zehntel des Planwertes. Neuere Prognosen gehen von keiner nennenswerten Erhöhung des Frachtaufkommens aus. Das schwache Gütertransportaufkommen nach und von Berlin veranlasste den Senat der Stadt Berlin bereits im Jahr 2001 zu einer Konzentration auf den Westhafen. Der Berliner Osthafen als Zielhafen im Teltowkanal wurde in dem Zusammenhang geschlossen. Im Jahr 2001 verzichtete der Haushaltsausschuss des Bundes auf einen über die Wasserstraßenklasse IV hinausgehenden Ausbau des Teltowkanals und der Berliner Osthafen als Zielhafen wurde geschlossen. Damit können Schiffsverbände von 185 m Länge, für die die große Schleuse gebaut werden sollte, den Teltowkanal gar nicht befahren.
Die Bürgerinitiative setzte sich seit bekanntwerden der Planungen für die Aufgabe des unsinnigen Ausbaus ein, der mit umfangreichen Eingriffen in die Natur und Abgrabungen wertvoller Uferbereiche in einer Länge von 1 km verbunden war. Stattdessen forderte sie schließlich als Kompromiss den Bau einer Standardschleuse von 115 m Länge, die dem ökonomischen Bedarf angemessen und ökologisch die günstigere Variante darstellte.
Im Laufe der vergangenen nahezu 20 Jahre konnten immer wieder Teilerfolge in der Auseinandersetzung mit den Planungsbehörden erreicht werden. Unterhalb der Schleuse, wo Waldrodungen bis 70 m Tiefe vorgesehen waren, konnte die Bürgerinitiative mit Unterstützung von Fachleuten sowie der Unteren und Oberen Naturschutzbehörde erreichen, dass ein Gebiet mit 17 Alteichen, die der Lebensraum von Fledermäusen und den beiden geschützten Käferarten "Heldbock" und "Eremit" sind, als FFH-Gebiet ausgewiesen wurde. Das Wasserstraßen-Neubauamt war dadurch gezwungen, eine neue Planung unter Vermeidung von Abgrabungen und Baumfällungen vorzulegen.
Schwerpunkt der Aktivitäten der Bürgerinitiative war dann in den letzten Jahren das Gebiet oberhalb der Schleuse mit dem schönsten und wertvollsten Teil der Parkanlagen an der Hakeburg im Uferbereich des Machnower Sees. Mehrmals standen Termine für die Fällung der alten Buchen und Eichen fest. Doch brachten die spontan organisierten Demonstrationen und Aktionen sehr großes Aufsehen in der Öffentlichkeit, was mehrmals zum Verschieben der Fällungen führte.
Mit vielen Eingaben und Petitionen, Briefen an Politiker hat die Bürgerinitiative fundierte Vorschläge für eine 115 m Schleuse unterbreitet. Aber das Wasserstraßen – Neubauamt blieb bei seiner These, dass eine 190 m Schleuse ökologisch besser sei, denn eine 115 m Schleuse benötige Koppelstellen, die weiteren Landverbrauch nach sich ziehe. Diese Argumente konnte die Bürgerinitiative in Zusammenarbeit mit dem BUND durch eigene Recherchen und Alternativvorschläge inhaltlich entkräften und widerlegen.
Die Bürgerinitiative dankt an dieser Stelle allen, die zu dem erreichten Erfolg des Baustopps der 190m-Schleuse beigetragen haben. Aktiv unterstützt wurde sie in ihrem Widerstand insbesondere durch das Aktionsbündnis gegen den Havelausbau und die Naturschutzverbände. Die GRÜNE LIGA und vor allem der Bund für Umwelt- und Naturschutz haben Netzwerkarbeit betrieben und Hilfe bei der Vorbereitung und Durchführung von Aktionen gegeben.
Die Bürgerinitiative dankt den Bürgern der Region für ihre Unterstützung des Protestes, denn der langjährige entschlossene Protest vor Ort war die Basis allen Widerstands. Der Dank gilt ebenso allen Politikern, die sich auf lokaler und auf Bundes- und Landesebene gegen das Großprojekt eingesetzt haben, sowie den Pressevertretern für die fortwährende und fundierte Berichterstattung über den Schleusenprotest.
Die Bürgerinitiative befürwortet die Binnenschifffahrt als ökologisch sinnvolles, alternatives Verkehrsmittel zum Straßenverkehr. Mit Blick auf die Zukunft sollte jedoch die Weiterentwicklung der Wasserverkehrswege in ökonomisch und ökologisch sinnvoller Weise erfolgen. Eine Verlagerung des Verkehrs weg von der Straße lässt sich nicht durch einen pauschalen, wenig durchdachten Ausbau der Wasserwege erreichen, welcher sich nicht am Bedarf orientiert und nicht auf einer systematischen Gesamtsicht des Verkehrsnetzes basiert. Vielmehr appelliert die Bürgerinitiative an die Politik, ein schlüssiges Gesamtkonzept zu entwickeln, mit dem eine am Verkehrsbedarf orientierte und ökologisch verträgliche Gestaltung der Wasserverkehrswege vor allem in Ostdeutschland umgesetzt wird. Dies muss insbesondere auch die Anforderungen einer zeitgemäßen, modernen Logistik, insbesondere hinsichtlich Flexibilität und Anschluss an andere Verkehrswege (Straße, Schiene) erfüllen.
Bürgerinitiative "pro Kanallandschaft Kleinmachnower Schleuse"
Manfred Hauck, Gerhard Hallmann, Dr. Ursula Theiler, Dr. Gerhard Casperson