Potsdam, 15.04.2019: Die Naturschutzverbände NABU, BUND, NaturFreunde sowie deren Jugendorganisationen und die Grüne Liga haben heute gemeinsam mit der Aurelia Stiftung die Volksinitiative "Artenvielfalt retten - Zukunft sichern" gestartet. Die Initiatoren erhalten dabei Unterstützung von einem wachsenden Bündnis, darunter der Deutsche Berufs und Erwerbs Imker Bund e.V., der VCD Brandenburg und Omnibus für direkte Demokratie.
Anliegen der Volksinitiative ist es, dem durch zahlreiche Studien belegten dramatischen Artenschwund bei Insekten, Feldvögeln, Amphibien und Pflanzen aktiv entgegenzuwirken. Die Volksinitiative will Rahmenbedingungen für einen verbesserten Schutz der Artenvielfalt in Brandenburg festlegen. Daher haben die Initiatoren ihre wichtigsten Forderungen in konkrete Gesetzesvorschläge einfließen lassen.
"Nur mit gesetzlichen Festlegungen können wir eine politische Kehrtwende hin zu einer naturverträglichen Landwirtschaft in Brandenburg schaffen", sagt Friedhelm Schmitz-Jersch, Vorsitzender des NABU Brandenburg. "Bislang ist dies in der Landespolitik sträflich vernachlässigt worden - die Quittung in Form des Artensterbens haben wir jetzt. So ist bei einst häufigen Vögeln der Agrarlandschaft wie Stieglitz, Feldsperling oder Feldlerche ein dramatischer Bestandsrückgang zu verzeichnen. Der beste Beitrag für den Erhalt der Artenvielfalt ist eine andere Landwirtschaftspolitik."
Thomas Volpers, stellvertretender Landesvorsitzender des BUND Brandenburg, weist darauf hin, dass drastische Verbesserungen für Natur und Umwelt nötig sind, um das Artensterben zu stoppen und umzukehren: "Die Erzeugung von Nahrungsmitteln darf nicht weiter auf Kosten von Boden, Wasser, Klima, Biodiversität und Landschaft gehen. Wir fordern von der Landesregierung ernst gemeinte Maßnahmen und eine Strategie, wie wir den Pestizideinsatz in der Landschaft verringern können. Vor allem in Schutzgebieten muss der Einsatz von Giften konsequenter verboten sein und die Gewässer müssen besser vor Pestizid- und Düngereinträgen geschützt sein."
"Die Forderungen unserer Initiative sind nicht nur für Bienen, Insekten und Umwelt förderlich, sondern bringen auch endlich gesetzliche Klarheit für Bäuerinnen und Bauern genauso wie für Imkerinnen und Imker. Das interessenübergreifende Ziel 'Artenschutz', welches Landwirtschaft, Imkerei und Naturschutz eint, wird durch unsere Volksinitiative entschieden vorangebracht", sagt Johann Lütke Schwienhorst, Agrarreferent der Aurelia Stiftung, der selbst Imker und gelernter Landwirt ist und sich mit Aurelia auch auf Bundes- und Europaebene für Artenvielfalt und Pestizidreduktion einsetzt.
Zahlreiche Studien belegen, dass die Ursachen für den Artenschwund in erster Linie der Einsatz von Pestiziden und synthetischen Düngern, Monokulturen und fehlende Strukturen wie Hecken, Tümpel, Blühstreifen und Ackerbrachen in der Landschaft sind. Jedes Jahr stehen für die Förderung der landwirtschaftlichen Betriebe in Brandenburg bis zu 500 Millionen Euro zur Verfügung. Nur ein kleiner Teil davon wird aber für die Förderung des Naturschutzes in der Landwirtschaft eingesetzt. Das Land Brandenburg hat als einziges Bundesland keine Agrarförderung für Ackerflächen, die wirksam gegen das Artensterben eingesetzt wird. Dabei machen Ackerflächen drei Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus.
Dazu gehört auch, kleinteilige Strukturen in der Landschaft zu fördern: durch mehrjährige, selbstbegrünende Brachen und Blühflächen, Hecken- und Saumstrukturen, Kleingewässer oder Baumreihen lassen sich viele wichtige Rückzugsräume für Insekten, Vögel und Kleinsäugetiere schaffen, vorhandene Biotope vernetzen und große Monokulturflächen aufbrechen. Hierzu, so die Forderung der Volksinitiative, soll das Land betriebsintegrierte Beratungen unterstützen, damit Landwirte zielgerichtet Maßnahmen umsetzen können, die auf ihre Betriebsflächen und in ihren Betriebsablauf passen. Naturschutzfachliche Maßnahmen oder Mehraufwände für eine naturverträgliche Bewirtschaftung müssen entsprechend ausreichend honoriert werden.
Auch die Förderung des Ökolandbaus ist ein wichtiger Baustein zum Erhalt der Artenvielfalt. Schon das Maßnahmenprogramm der derzeitigen Landesregierung fordert einen Ausbau der ökologischen Landwirtschaft auf 20 Prozent der Agrarfläche bis 2020. Von diesem Ziel ist Brandenburg mit nur 11 Prozent noch weit entfernt.
Für die Artenvielfalt sind Naturschutz- und FFH-Gebiete besonders wichtig. Das sind die wertvollsten Naturschutzflächen in Brandenburg. Die Initiatoren fordern, dass das Pestizidverbot in Naturschutzgebieten konsequent umgesetzt und auf FFH-Gebiete erweitert wird. Auch der Einsatz von mineralischem Stickstoffdünger soll untersagt werden. Der Schutz der Gewässer soll durch Gewässerrandstreifen, in denen der Einsatz von Pestiziden, mineralischem Stickstoffdünger und Gülle ausgeschlossen ist, deutlich verbessert werden. Wie schon in anderen Bundesländern geregelt, soll die Breite des Gewässerrandstreifens 10 Meter betragen.
Darüber hinaus fordern die Initiatoren die Verminderung des Flächenverbrauchs, die Förderung kommunaler Projekte zur pestizidfreien Bewirtschaftung öffentlicher Flächen und Maßnahmen zur Minderung der Lichtverschmutzung.
20.000 gültige Unterschriften sind für den Erfolg der Volksinitiative in Brandenburg erforderlich. Die Initiatoren erhoffen sich aber eine deutlich höhere Zahl und damit ein starkes Signal an die Landesregierung. Die Unterschriften zur Volksinitiative können innerhalb eines Jahres gesammelt werden. Jeder Brandenburger und jede Brandenburgerin ab 16 Jahre ist unterschriftsberechtigt.
Informationen rund um die Volksinitiative und Unterschriftenlisten finden sich auf Webseite der Volksinitiative https://artenvielfalt-brandenburg.de bzw. hier.
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